Betrachtet man die Wirtschaftsskandale der letzten Jahre, so sind diese häufig auf fehlende Ehrlichkeit, Lügen und Betrügen zurückzuführen.
Auch jüngst wurde mit Bernard Madoff beispielsweise ein amerikanischer Anlagebetrüger zu 150 Jahren Gefängnis verurteilt, weil er seine Kunden um mehr als 20 Mrd. Dollar betrogen hat. Man braucht allerdings gar nicht so weit blicken, um auf Betrug in dieser Größenordnung zu stoßen, wie der Fall des deutschen Hedgefondsmanagers Helmut Kiener zeigt: Dieser ist erst kürzlich wegen des Verdachts des Betrugs von Großbanken in Höhe von 250 Millionen Euro vorläufig festgenommen worden.
Bei solchen Betrugsdelikten, die zudem mit hohen Freiheitsstrafen geahndet werden, ist unser Rechtsempfinden meist noch gut ausgeprägt. Hier sind wir uns sicher einig, dass diese Vergehen unethisch sind und betraft werden sollten. Nur womit fängt Betrug denn an? Beginnt er nicht schon im viel kleineren Rahmen?
Ehrlichkeit währt am Längsten
Dazu berichtet eine Geschichte, wie sie einem Unternehmer vor kurzem passiert ist: Vor einigen Wochen erhielt einer seiner Führungskräfte Post von einem ehemaligen Mitarbeiter, der bereits seit vielen Jahren nicht mehr im Unternehmen beschäftigt ist. Ein großes Paket wurde geliefert, die beigefügte Karte erklärt den Hintergrund: Der frühere Mitarbeiter schrieb, dass er während der Zeit der Anstellung einiges an Büromaterial entwendet und zum eigenen Gebrauch mit nach Hause genommen habe. Dies habe er damals aus Ahnungslosigkeit getan und sich nicht viel dabei gedacht, denn Büroutensilien wie Ordner, Stifte oder Ablagekörbe werden in der gesamten Firma verwendet und daher öfters eingekauft.
Erst viel später, nach Verlassen des Unternehmens, wurde dem früheren Mitarbeiter sein Fehler bewusst: Leider könnte er das Ganze nicht mehr rückgängig machen und wünschte sich, er hätte die Sachen nicht entwendet. Es war nicht sein Recht, Firmeneigentum – auch wenn es sich um geringwertiges Material gehandelt hat und das Unternehmen sicher keinen großen finanziellen Nachteil dadurch hatte – zu entwenden und das Vertrauen seines Chefs zu missbrauchen. Er fühle sich bei dieser Erkenntnis auch nicht gut, möchte sich aber bei seinem ehemaligen Vorgesetzten entschuldigen, da es dafür auch nach vielen Jahren nicht zu spät sei. Das gebrauchte Material hat er zudem durch neues ersetzt.
Vorleben schafft Vertrauen
In diesem Fall geht es sicher nicht vorwiegend um den finanziellen Aspekt, sondern mehr um das Vertrauen zwischen Unternehmen und Mitarbeiter. Ein Vertrauen, das durch die unrechtmäßige Entwendung von Firmeneigentum verspielt wurde. Dabei kann diese Geschichte auch auf andere Fälle übertragen werden, wenn ein Mitarbeiter beispielsweise eine überhöhte Spesenabrechnung abgibt oder „krank feiert“. Kann ein Mitarbeiter zur Höchstleistung gebracht werden, wenn zwischen ihm und der Führungskraft Misstrauen besteht? Bestätigt diese Geschichte nicht einmal mehr, dass es sich lohnt, um Transparenz und Offenheit im Unternehmen zu kämpfen? Um eine Ehrlichkeit, die sich von der Unternehmensspitze bis zu den einzelnen Mitarbeitern erstreckt? Hier wird sicher auch gezeigt, dass eine ethische Unternehmenspolitik von den Führungskräften vorgelebt und zu den Mitarbeitern transportiert werden sollte. So ist die Niederschrift ethischer Grundsätze im Unternehmen der erste Weg, um auf die Bedeutung solcher Regeln aufmerksam zu machen. Das Team wird die Leitlinien aber sicher erst dann richtig annehmen, wenn es die Umsetzung durch die Führungskräfte spürt. Auch den Mitarbeiter darauf hinzuweisen, dass Fehler legitim sind und die Möglichkeit zur Umkehr jederzeit gegeben ist, macht sicher Sinn. Denn wenn ein Fehler passiert ist, kann man ihn zwar nicht mehr ändern. Jedoch hat man die Möglichkeit, wie der frühere Mitarbeiter in der Geschichte, den Fehler in der Zukunft zu vermeiden und sich auf diese Weise selbst neu zu positionieren. So werden die Mitarbeiter für das Thema des gegenseitigen Vertrauens sensibilisiert und merken, welche Bedeutung Ethik in ihrer Firma einnimmt.
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