Auf die Frage, ob Pokern ein probates Mittel für das Business sein kann, werden viele unsicher. Aber zunächst einmal: Was ist Pokern überhaupt?
Hier handelt es sich um ein Kartenspiel, bei dem die Kunst darin besteht, etwas vorzugeben, was man nicht wirklich hat und dies mit überzeugender Mine zu vertreten. Mit der Vorgabe von etwas, was man gar nicht hat, verfolgt man sein Ziel, das Gegenüber zum eigenen Vorteil in die Irre zu führen und damit sein Spiel zu gewinnen.
Betrachtet man die heutige Geschäftswelt, so stößt man immer wieder auf pokernde Menschen: Es wird mit dem Vorgesetzen um eine überdurchschnittliche Erhöhung des Gehaltes gepokert, es wird mit Lieferanten um die günstigsten Bedingungen gepokert – die Grenze zwischen Verhandeln und Pokern scheint für viele aufgehoben, wenn es um das Business geht. Erst kürzlich berichtete mir ein Geschäftspartner in einem Gespräch über unethische Methoden von folgendem Fall:
Auf eine Stellenanzeige hin erhielt mein Geschäftspartner Bewerbungsunterlagen eines Kandidaten, der seine Arbeit in Folge der Insolvenz seines ehemaligen Arbeitsgebers verloren hatte und nun arbeitslos war. Der Kandidat gab in seiner Bewerbung einen auf den Job bezogen verhältnismäßig hohen Gehaltswunsch an. Er wurde dennoch zum Vorstellungsgespräch gebeten. Während des Termins kam die Sprache auf seine Gehaltsvorstellungen: Als dem Kandidaten deutlich wurde, dass das Unternehmen diese für unangemessen hoch hielt, machte er sofort Abstriche. Obwohl der Wunsch des Kandidaten immer noch deutlich über dem Gehalt lag, was das Unternehmen für diese Stelle vorgesehen hatte, wurde aufgrund des guten Eindrucks ein zweites Gespräch vereinbart. In diesem wurde der Bewerber nach seinem letzten Gehalt gefragt. Als sich herausstellte, dass dieses deutlich geringer war als der geäußerte Gehaltswunsch des Kandidaten, war seine Chance auf die Position vertan. Trotz Arbeitslosigkeit wurde der Versuch unternommen, eine Gehaltserhöhung zu erreichen. Ohne ein starkes Blatt in der Hand – pokern pur.
Klare Positionierung ist wichtig
Dieses Beispiel zeigt einmal mehr, dass auch Menschen mit einer schlechten Ausgangssituation versuchen, durch Pokern ihren Stand zu verbessern. Aber ist dies ein probates Mittel, wenn es um die eigene Existenz geht? Wenn es, wie im aufgezeigten Fall doch eher auf den Aufbau einer Beziehung zwischen Bewerber und potentiellem neuen Arbeitgeber ankommt? Wenn sich der Kandidat doch von seiner besten Seite zeigen und sein Gegenüber von seinen Leistungen und seinem Engagement überzeugen sollte?
In Zeiten von Unternehmenskrisen wie bei Opel oder Insolvenzen wie bei Quelle erschreckt mich die Vorgehensweise doch sehr. Ist die Aussicht auf einen neuen festen Job nicht attraktiv genug, wenn man sich in der Arbeitslosigkeit befindet und nach einem neuen Weg sucht? Und einmal weiter gedacht: Was hat ein Arbeitgeber von einer solchen, bereits in der Vorstellungsrunde trotz schlechter Ausgangslage pokernden Führungskraft zu erwarten? Wie wird sich dieser gegenüber Lieferanten und Partnern verhalten? Mit welchen Mitteln wird er versuchen, seine Ziele im Business zu erreichen?
Eine klare Position gegen unethische Geschäftsmethoden ist die Basis für eine langfristige vertrauensvolle Beziehung zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter. Dass man sich die Chance auf eine solche Zusammenarbeit schnell verbauen kann, zeigt das vorgestellte Beispiel. Umso wichtiger erachte ich es daher, die Ansichten von Bewerbern in Bezug auf ethisches Business bereits in Vorstellungsrunden anzusprechen.
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